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Unglaublich: Ein-Euro-Jobberin gibt Unterricht und verteilt Schulnoten

25.01.2011 07:14 (Kommentare: 0)

Ostseezeitung | lokal Greifswald | vom 25. Januar 2011

Dersekow (OZ) - Es gab Einsen und auch Zweien. Mit guten Noten auf ihren Zeichnungen verließen Viertklässler am Freitag den Kunstunterricht an der Grundschule in Dersekow. Was die Kinder wohl nicht ahnten: die Zensuren waren ungültig. Denn nicht die Kunstlehrerin, sondern eine Ein-Euro-Jobberin hatte sie erteilt. Weil die Fachlehrerin an diesem Tag zu einer Weiterbildung musste und niemand anderes einspringen konnte, war die Hilfskraft zur Stunden-Aufsicht in die Klasse geschickt worden. Dass sie dabei sogleich Lehrerin spielte, sorgt nun für Aufregung.

Schulleiterin Katja Lippold konnte sich gestern nur entschuldigen. „Ich war baff. Die Frau ist eindeutig über das Ziel hinaus geschossen“, erklärte sie. Selbstverständlich würden die von der Ein-Euro-Kraft erteilten Noten nicht anerkannt. Sie habe das auch schon Kindern gesagt, von denen sie noch am selben Tag über die fragwürdige Zensierung erfahren habe. Dass die Hilfskraft mit den Kindern eine ganze Unterrichtsstunde alleine im Klassenraum agierte, will Katja Lippold nicht gelten lassen. „Die Hilfskraft hat lediglich im Raum gesessen, es gab immer einen Lehrer als Ansprechpartner für sie. Er war auf derselben Etage im Raum nebenan.“ Der Vorfall war nicht der erste seiner Art an dieser Schule. Bereits im Dezember beaufsichtigte dieselbe Hilfskraft Viertklässler eine ganze Unterrichtsstunde lang. Ein Lehrer sei zu dieser Zeit nicht in dem Raum gewesen, berichten Schüler übereinstimmend. Weil die Fachlehrerin für Deutsch erkrankt war, hörte die Ein-Euro-Jobberin damals Vorträge ab, die Schüler als Hausaufgabe bekommen hatten. Damit nicht genug, nahm sie in Abstimmung mit der Klasse Bewertungen vor. „Das haben wir aus Quatsch gemacht. Die Kinder selber haben gesagt, geben Sie uns eine Note. Ich darf doch gar nicht zensieren“, wehrte die betreffende Frau auf OZ-Nachfrage ab.

Ungläubig reagierte der für Grundschulen zuständige Schulrat, Fred Baumann, auf die Vorgänge. „Das darf nicht sein“, meinte er im Beisein von Bildungsminister Henry Tesch (CDU), der gestern in Greifswald weilte. Ein-Euro-Jobber, betonte Baumann, dürften nur unter Aufsicht Umgang mit Schülern haben. Bei der Sozialagentur Ostvorpommern wird diese Maxime bestätigt. Die Teamleiterin für Arbeitsförderung, Helga Wulf, stellte klar: „Diese Kräfte dürfen keine Aufsicht in Ausfallstunden haben und sie dürfen generell nicht mit den Schülern alleine gelassen werden.“ Die Sozialagentur, beteuerte Wulf, kontrolliere die Einhaltung. „Doch ich kann nicht für jede Schule die Hand ins Feuer legen.“ „Das ist fatal“, kommentierte die Vize-Vorsitzende des Kreis-Elternrats, Yvonne Tabel-Blaumann, die Angelegenheit. Sie habe nichts gegen Ein-Euro-Jobber an Schulen, die seien wertvolle Hilfe.

„Allerdings weiß ich, dass es dabei oft anders zugeht als vorgeschrieben.“

Schule darf kein Bittsteller sein
Mag sein, dass sie Zensuren „nur aus Quatsch“ vergab. Wohl wissend, diese gar nicht erteilen zu dürfen. Doch warum hat die als Hilfskraft tätige Frau dann überhaupt Noten und ihr Namenskürzel auf Schülerarbeiten geschrieben? Noch gestern nahmen Kinder diese für bare Münze. Waren Menschen enttäuscht von dieser Täuschung. Das allein wiegt schwer, ist aber nicht der einzige Tatbestand, der zu hinterfragen wäre. Dass Schulen aus Personalnot nicht umhin kommen, Ein-Euro-Jobber mit der Aufsicht von Klassen zu betrauen, ist der eigentliche Skandal. Das dürfte die Lehrerschaft selbst so empfinden. Denn sie ist es, die mit den Unzulänglichkeiten umgehen muss. Die den Personalausfall, auch im Interesse von Schülern, managen muss. Wer Schule besser machen will, darf sie nicht zum Bittsteller der Jobcenter machen. Unserer Kinder wegen.
Sven Jeske

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