17.01.2009 20:05 (Kommentare: 0)
OSTSEE-ZEITUNG.DE | Wochenendausgabe, 17. Januar 2009 | Hansestadt Greifswald
Die Betrachtung zum Wochenende
Am Donnerstag gab der Bildungsausschuss des Landtags grünes
Licht für eine neue Schulgesetzgebung. Noch am Dienstag hatten der
Greifswalder Stadtelternrat und Vertreter einer landesweit agierenden
Elterninitiative auf Tücken des im Bildungsministerium erstellten
Gesetzentwurfs hingewiesen. Da war ihnen noch nicht bekannt, dass die
Regierungskoalition in Schwerin 47 wichtige Änderungen im Gesetz
vorgenommen hatte. Eine, bereits im ursprünglichen Gesetzentwurf
enthaltene und auch in der überarbeiteten Fassung enthaltene Reform mag
für Städter unwichtig sein, für Eltern auf dem Lande ist sie bedeutend.
Es geht um die freie Wahl staatlicher Schulen. Die ist außerhalb
Greifswalds kaum gegeben. Vom Landkreis festgelegte und vom Kreistag so
beschlossene Einzugsbereiche ordnen Kinder aufgrund ihres Wohnortes
einer bestimmten Schule zu. Die Entscheidungskompetenz der Eltern,
sonst im Schulwesen derart hoch bewertet, dass Lehrern in gewissen
Situationen Zurückhaltung auferlegt ist, spielt hier plötzlich eine
untergeordnete Rolle. Ausgerechnet bei der Wahl einer staatlichen
Schule für ihre Kind sollen Mütter und Väter so gut wie nichts zu sagen
haben. Und das nur, weil Landkreis und Gesetzgeber offenbar um die
Auslastung von Schulen und damit um Standorte fürchten. Dass derlei
Willkür auf dem Rücken von Kindern durchgeboxt wird, erfahren Eltern im
Greifswalder Umland seit längerem. Beispiel Weitenhagen: Fünftklässler
aus diesem Ort müssen die Regionalschule Neuenkirchen besuchen, sofern
ihre Eltern keinen Platz in einer Privatschule für sie ergatterten,
vorausgesetzt sie können diesen überhaupt bezahlen. Gegen den
Schulstandort Neuenkirchen wäre nichts zu sagen, müssten die
Weitenhagener Fünftklässler nicht bereits kurz nach 6.30 Uhr an der
Bushaltestelle stehen und würden sie nicht eine geschlagene Stunde
durch die Gegend gefahren, um an den Unterrichtsort gebracht zu werden.
Es ist nicht so, dass es keine Alternative zu Neuenkirchen gäbe.
Gützkow wäre eine. Der Bus dahin fährt später ab, die Fahrzeit ist
deutlich kürzer. Dennoch dürfen die Weitenhagener aufgrund der
Einzugsbereichsregelung nicht dorthin. Eltern, heißt es im Amt
Landhagen, könnten einen Schulwechsel beantragen. Die Aussicht, dass
sie damit durchkommen, sei aber gering. So was nenne ich Unfreiheit. Es
wird höchste Zeit, sie abzuschaffen. Das neue Schulgesetz soll dafür
den Weg ebnen. Diesbezüglich ist es im Interesse von Eltern und
Kindern. Bei aller sonstigen Kritik.
SVEN JESKE
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