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Streit um Förderschulen: Wird der Modellversuch Rügens 2011 nicht auf Greifswald ausgeweitet? - Sellering legt Pläne vorerst auf Eis

03.03.2011 07:14 (Kommentare: 0)

Ostseezeitung | lokal Greifswald | vom 03. März 2011

Greifswald (OZ) - — Handfester Zoff zwischen den Regierungsparteien in der Förderschulpolitik: Landesvater Erwin Sellering (SPD) zieht die Notbremse und stoppt Bildungsminister Henry Tesch (CDU) bei dessen ehrgeizigen Plänen, den Rüganer Schulversuch zur Integration von Förderkindern ab August 2011 auf den Schulamtsbezirk Greifswald auszuweiten. Im Klartext: Das Fahrtziel soll bleiben, doch die Geschwindigkeit werde erheblich gedrosselt. „Wir müssen diesen Prozess behutsam angehen, denn es gibt noch ganz viele offene Fragen“, begründet der Ministerpräsident seinen Entschluss, der auf eine einvernehmliche Diskussion am Dienstag im Kabinett beruhe.

„Das kann ich nicht bestätigen“, fühlt sich der Bildungsminister angegriffen und beruft sich auf den Landtagsbeschluss zu den Förderschulen. Danach haben sich sowohl CDU als auch SPD zu den Zielen der integrativen Grundschule bekannt. „Diese Entwicklung zu stoppen, wäre völlig fatal“, macht Henry Tesch seinem Ärger Luft. Einig seien sich die Koalitionspartner am Dienstag lediglich darüber gewesen, einzelne Schritte in der AG Lehrerbildung noch einmal zu prüfen und gegebenenfalls Nuancen zu verändern. Der Minister nennt die geplante „Einführung der neuen Lehrmittel, die Zensierung, Diagnostik, Lehrerfortbildung sowie andere Punkte“. Und räumt damit letztlich doch ein, kein von A bis Z durchdachtes Konzept für die Ausweitung des Modellversuchs vorgelegt zu haben.

Aus diesem Grund wandte sich auch der Greifswalder Stadtelternrat verzweifelt mit einem Hilferuf an den Ministerpräsidenten. „Wir fühlten uns bei dem Gespräch das erste Mal verstanden“, berichtet Vorsitzende Claudia Metz und zeigt sich vom Ausgang dennoch völlig überrascht: „Endlich einmal hat sich das Engagement der Eltern ausgezahlt“, kommentiert sie Sellerings Entscheidung.

Gerade vier Wochen ist es her, dass der Stadtelternrat gemeinsam mit dem Bildungsausschuss der Bürgerschaft die Förderschulproblematik in einem öffentlichen Forum thematisierte. Eltern sparten nicht mit Kritik. Sie monierten das überstürzte Handeln und ein unausgegorenes Konzept zur Auflösung der Förderschulen. Schulrat Fred Baumann mühte sich vergeblich, Akzeptanz für die vom Bildungsminister ins Rollen gebrachte Entscheidung zu erzielen.

Eine Folge: Der Stadtelternrat trat am 4. Februar mit einem Brief an die Öffentlichkeit. Dabei handelte es sich zugleich um einen umfangreichen Fragenkatalog an die Universität Rostock, deren Institut für Sonderpädagogische Entwicklungsförderung und Rehabilitation den derzeit laufenden Modellversuch auf der Insel Rügen wissenschaftlich begleitet.

Seit Dienstagabend hält Claudia Metz nun auch die Antworten von Professor Bodo Hartke in ihren Händen: „Sie überzeugen nicht, denn immer wieder verweist er ans Bildungsministerium oder an das Staatliche Schulamt“, ist die engagierte Mutter enttäuscht. Für sie ein Beweis mehr, dass die Integration von Kindern mit sonderpädagogischem Förderbedarf mehr Vorbereitung benötige. Vor übereilten Schritten warnte Schulrat Michael Kossow aufgrund seiner Erfahrungen mit Rügen bereits im Sommer 2010: „Dieser Prozess kostet ganz viele Gespräche und Zeit für die Menschen.“ Trotzdem nahm die Sache ihren Lauf. Nun bleibt abzuwarten, ob sich Sellering oder Tesch im Streit durchsetzt.


Ministerpräsident: Wir dürfen nichts übers Knie brechen

Ostsee-Zeitung: Der Beschluss zur integrativen Grundschule basiert auf einer UN-Konvention. Ist das Thema mit dem Beschluss jetzt vom Tisch?

Erwin Sellering: Nein. Niemand stellt die Inklusion, also eine Schule für alle, in Frage. Doch wir dürfen nichts übers Knie brechen. Die Ausdehnung des Modellversuchs von Rügen muss sehr gut vorbereitet werden. Damit soll sich die AG Lehrerbildung in der Staatskanzlei jetzt intensiv beschäftigen.

OZ: Wie kam es zu dieser plötzlichen Entscheidung, immerhin setzte das Bildungsministerium bislang alles daran, die integrative Grundschule im Schulamtsbereich Greifswald zügig zum neuen Schuljahresbeginn einzuführen.

Sellering: Gespräche mit Eltern in Greifswald, aber auch im ganzen Land, haben mir gezeigt, dass es noch sehr viele ungeklärte Fragen gibt. Außerdem wird der Modellversuch auf Rügen wissenschaftlich begleitet, in Greifswald wäre das nicht in gleicher Weise der Fall gewesen. Belastbare Ergebnisse aus dem Modellversuch haben wir noch nicht. Die sollten wir abwarten, bevor wir nächste Schritte gehen. Wir müssen die Sorgen der Eltern ernst nehmen, unsere Ziele besser kommunizieren, die Menschen auf unserem Weg mit ins Boot holen.

OZ: Bedeutet Ihre Entscheidung nicht zuletzt eine erneute Ohrfeige für Bildungsminister Tesch? Immerhin haben Sie ihn auch gestoppt, als es darum ging, die Lehrerbildung in Greifswald zu schließen?

Sellering: Wir sollten nicht in diesen Kategorien denken. Ich habe die Förderschulproblematik in der Kabinettssitzung am Dienstag thematisiert und wurde dann auch von Seiten der CDU unterstützt. Unser Gespräch verlief in freundschaftlicher Atmosphäre, schließlich zweifelt niemand am Ziel.

OZ: Mecklenburg-Vorpommern zählt zehn Prozent Förderschüler, ist auch bei der Schulabbrecherquote mit 14 Prozent bundesweit Schlusslicht. Sollte das Land nicht mehr Geld in Bildung investieren?

Sellering: Das tun wir bereits, legten zweimal 15 Millionen Euro für Schulen und Soziales oben drauf sowie weitere 22 Millionen Euro für Kitas. Das zeigt: Schule ist einer der wichtigsten Bereiche im Land. Interview: P. Hase

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