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Elterninitiative MV-Bildung ist Zukunft | Bessere Bildungschancen für unsere Kinder



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"Schulen sollen selbst entscheiden"

05.02.2009 07:57 (Kommentare: 0)

Schweriner Volkszeitung | 05. Februar 2009 | 00:05 Uhr

Mit Stift und Block sind 500 Schüler in den vergangenen drei Monaten als Reporter durch Rostock gezogen. Das Medienprojekt "Schule macht Zeitung" ist gerade zu Ende. Für die fleißigsten Schreiber gab es jetzt jedoch noch einen einmaligen Pressetermin. Mecklenburg-Vorpommerns Bildungsminister Henry Tesch (CDU) stand drei Schülern Rede und Antwort - zu allem, was sie wissen wollten. Mit dabei war der Achtklässler Richard Brüngel aus Rostock.

Richard: Herr Bildungsminister, wie voll ist eigentlich Ihr Terminkalender? Und wie sieht ein typischer Arbeitstag als Bildungsminister aus?



Henry Tesch: In der Regel stehe ich morgens um 5 Uhr auf. Das ist aber nichts Bedrohliches für mich, das habe ich schon immer gemacht. Der "scharfe" Start ist so gegen acht, neun Uhr und dann geht es immer bis spät in den Abend hinein. Manchmal dauert der Arbeitstag bis kurz vor Mitternacht.

Türkan: Was macht Ihnen an Ihrem Beruf Spaß? Was macht weniger Spaß?



Tesch: Wenn ich ehrlich bin, macht mir so etwas wie jetzt Spaß - mit Schülern zu sprechen. Ansonsten ist es ein schneller Alltag. Bei mir war es nicht so, dass ich immer Minister werden wollte. Ich bin gerufen worden. Daher bin ich in der Situation, dass ich mich nicht wegducken kann. Insofern macht mir alles Spaß.



Franziska: Wie stellen Sie sich eine perfekte Schule vor?



Tesch: Wir haben viele gute Schulen in Mecklenburg-Vorpommern. Mit dem neuen Schulgesetz wollen wir keine Schularten ändern. Denn wir glauben, dass man sich auch um das Innenleben von Schulen kümmern kann. Der richtige Weg ist, denke ich, Schulen selbstständiger zu machen. Genau das passiert mit dem neuen Gesetz. Wenn Schüler mitbestimmen können, finde ich das auch immer gut. Das setzt aber auf beiden Seiten voraus, dass man eine Form des Umgangs findet, die beinhaltet, dass man informiert ist und dass man sich einbringt.



Richard: Sind Sie mit der Situation der Schulen, zum Beispiel mit der Ausstattung in Mecklenburg-Vorpommern, zufrieden? 



Tesch: Viele Kommunen haben in den vergangenen Jahren in ihre Schulen investiert - aber nicht alle. In dem gerade beschlossenen Konjunkturpaket sind 65 Prozent der investiven Mittel für Bildung vorgesehen. Deshalb bin ich nicht unzufrieden, dass wir jetzt zusätzliches Geld zur Verfügung haben, um an den Stellen zu helfen, wo es nötig ist. Aber es muss auch sinnvoll eingesetzt werden.



Türkan: Welche Ziele wollen Sie als Bildungsminister in Mecklenburg-Vorpommern durchsetzen, was wollen Sie noch für die Schüler tun?



Tesch: Wir sind dabei, ein Bildungskonzept zu schreiben für die Null- bis Zehnjährigen. Wir wollen nicht die Kitas verschulen, aber wir glauben, dass Kinder ganz viele Kompetenzen haben und gerne viele Dinge aufnehmen. Das neue Schulgesetz ist außerdem eine ganz wichtige Sache, an der wir lange gearbeitet haben - mit vielen Verbänden, Eltern, Lehrern und Schülern. Die Inhalte müssen in den nächsten Jahren umgesetzt werden.



Franziska: Entscheiden Sie eigentlich auch mal etwas alleine?



Tesch: Das ist ja das Schöne: Wir leben in einer Demokratie und das Gesetz wird immer noch vom Parlament gemacht, das ist der Landtag in Mecklenburg-Vorpommern oder auch die Stadtvertretung auf kommunaler Ebene. Ich muss mich dann daran halten. Aber ich darf ein Gesetz mit anschieben und es vorbereiten.



Türkan: Sind Sie mit dem, was Sie bisher geleistet haben, zufrieden?



Tesch: Ich bin nicht unzufrieden mit dem Geleisteten, aber manches könnte ich mir schneller vorstellen. Über uns Norddeutsche sagt man immer, dass sie ein bisschen langsam sind. Ich bin - obwohl in diesem Land geboren - ungeduldig. Aber in der Politik muss man alle mitnehmen. Und was anderen zu schnell geht, ist mir oft zu langsam. Darum muss man einen Mittelweg finden.



Richard: Bereuen Sie einige Entscheidungen, die Sie in Ihrem Beruf getroffen haben?



Tesch: Kein Mensch ist gefeit davor, Fehler zu machen. Aber wenn ich die Zeit von November 2006 bis jetzt überblicke, dann gibt es keine Entscheidung, die ich nicht wieder so treffen würde. Manchmal wäre es besser gewesen, wenn man mit dem einen oder anderen etwas mehr geredet hätte. Es schadet ja nie, wenn man die Kommunikation verbessert.



Franziska: Wie können Sie Schülern helfen, die Schwierigkeiten haben, einen Schulabschluss zu schaffen?



Tesch: Wir müssen ehrlich sagen, dass wir in Mecklenburg-Vorpommern leider eine sehr hohe Quote an Schulabbrechern haben. Unser Ziel ist, den Unterricht zu verbessern. Außerdem gibt es an mehr als 20 Schulen im Land das Projekt "Produktives Lernen", durch das junge Leute noch einmal eine Chance erhalten. Ich bin der Meinung, dass junge Menschen unbedingt einen Schulabschluss brauchen.



Türkan: Wie schätzen Sie momentan die Chancen auf dem Arbeitsmarkt für Schüler aus Mecklenburg-Vorpommern ein? Was denken Sie, wie wird sich die Situation in den kommenden Jahren entwickeln?



Tesch: Die Chancen für Schulabgänger auf dem Arbeitsmarkt sind gestiegen. Das Stichwort lautet Demografie. Das bedeutet, dass wir jetzt viel weniger Kinder in einem Jahrgang haben. Im Jahr 1990 hatten wir 30 000 Erstklässler, zurzeit sind es nicht einmal 15 000. Wir brauchen also jede Menge Nachwuchs. Daraus resultiert aber auch, dass wir in der Lage sind, jedem ausbildungswilligen und -fähigen Menschen eine Lehrstelle zu ermöglichen. Die Chancen sind auch besser geworden, weil die Betriebe sich stärker engagieren. Wir müssen aber alle dazu beitragen, dass diese Angebote bekannter werden. 



Richard: Warum wurde die 13. Klasse wieder abgeschafft?



Tesch: Ich war immer jemand, der sich für das zwölfjährige Abi tur ausgesprochen hat. Aber wir müssen zugleich auf die Belastungen für die Schüler achten und klug mit den Hausaufgaben umgehen. Durch die neue Selbstständigkeit der Schulen versprechen wir uns auch auf diesem Gebiet Innovationen.



Türkan: Warum gibt es denn immer so viele Hausaufgaben auf?



Tesch: Hier gibt es keine Vorschrift von mir. Die Lehrer machen sich sicher Gedanken, Hausaufgaben erfüllen ja auch mehrere Funktionen. Aber wir müssen uns fragen, wie wir mit der Zeit der Schüler umgehen und wie wir uns in den einzelnen Fächern noch besser abstimmen können. Wie die Menge an Hausaufgaben im konkreten Fall aussieht, soll am besten vor Ort, an den einzelnen Schulen organisiert werden. In diese Diskussion können sich Schüler auch einbringen, durch ihre Schülersprecher oder die Teilnahme an Fachkonferenzen.



Franziska: Wieso wurden die Kopfnoten wieder eingeführt?



Tesch: Eigentlich heißen Kopfnoten ja "Arbeits- und Sozialverhalten". An der Diskussion ärgert mich ein bisschen, dass man es so verkürzt sagt. Der Begriff hat ja nichts mit dem Kopf des Schülers zu tun, sondern kommt daher, dass die Zensuren dafür früher oben auf dem Zeugnis standen. Wir glauben, dass die Schule eine Erziehungsfunktion übernimmt - neben den Eltern. In den nächsten Jahren soll es auch mehr Elterngespräche geben. Dass Schule und Eltern über das Verhalten der Kinder reden, finde ich wichtig. Übrigens weiß ich aus Gesprächen mit Schülern, dass nicht alle die so genannten "Kopfnoten" schlecht finden, gerade in Hinblick auf die Bewerbung für eine Ausbildung. 



Türkan: Wie sieht es mit den Plänen für die Verlängerung der Grundschulzeit von vier auf sechs Jahre aus?



Tesch: Es gibt keine Pläne, die sechsjährige Grundschule einzuführen. Ich frage mich: Haben wir wirklich die Zeit dafür, immer wieder über die Schularten zu diskutieren? Wir glauben, dass es möglich ist, den Unterricht in den Schularten, die wir haben, zu verbessern. Das neue Schulgesetz gibt die Möglichkeit, das direkt in den Schulen zu regeln.



Türkan: Was halten Sie von Schuluniformen?



Tesch: Das sollte man vor Ort entscheiden. Demnächst haben wir in Mecklenburg-Vorpommern die "Selbstständige Schule". Nach diesem Prinzip liegen solche Fragen in der Hand der Schule. Es gibt Argumente für und gegen Schuluniformen. Studien zeigen, dass der gewünschte Effekt, nämlich dass der Konkurrenzdruck in Sachen Markenkleidung genommen wird, manchmal trotzdem nicht eintritt, weil Schüler sich dann durch Accessoires unterscheiden. Dort, wo bewusst die Entscheidung für Uniformen fällt, kann es etwas bringen. Wo man es erzwingt, kann genau das Gegenteil bewirkt werden. Wir wollen daher nichts verordnen.



Richard: Bei der Kultusministerkonferenz sitzen Bildungsminister aller Bundesländer zusammen und beraten Fragen, die für ganz Deutschland wichtig sind. Welche wichtigen Themen stehen in diesem Jahr auf dem Plan?



Tesch: Mecklenburg-Vorpommern hat 2009 die Präsidentschaft der Kultusministerkonferenz inne. Wir haben erreicht, dass die Minister zwei Mal hier tagen werden, in Stralsund und in Waren. Ein Ziel ist, außerschulische Lernorte zu stärken wie zum Beispiel durch Museumsbesuche. Außerdem wollen wir erreichen, dass es auch ohne Abitur möglich wird, einen Hochschulzugang zu erhalten. Ich freue mich, dass wir an Standards arbeiten, so dass Eltern, die von einem ins andere Bundesland ziehen, nicht das Gefühl haben, dass die Welt von vorn beginnt. Auch ein einheitliches Abitur halten wir für angemessen. Ich freue mich, dass es ein bisschen Bewegung gibt.



Richard: Wie entspannen Sie eigentlich?



Tesch: Wenn die Zeit es zulässt, gehe ich ins Kino. Gern würde ich ab und zu mit alten Freunden Fußball spielen, das kommt leider zu kurz. Außerdem bin ich begeisterter Kanufahrer. Im Herbst ziehe ich oft mit einer kleinen Gruppe los, ganz ohne Zelt. Wir schlafen dann unter freiem Himmel - egal, wie das Wetter ist. 



Franziska: Waren Sie ein guter Schüler? Was waren Ihre Lieblingsfächer?



Tesch: Ich würde - mit einem Augenzwinkern - sagen, dass ich ein guter Schüler war. Ob meine Lehrer das immer so sahen, weiß ich nicht. Meine liebsten Fächer waren Deutsch, Geschichte, Physik und Mathematik. Ich habe gute Erinnerungen an bestimmte Lehrer, die sich gekümmert haben. Das hat Spaß gemacht.

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