Etwa 1000 Eltern, Lehrer und Kinder haben am Mittwoch in Schwerin gegen die Mittelkürzungen für Förderschulen protestiert. Mit dem neuen Schulgesetz bekommen Schulen für geistig behinderte Kinder in freier Trägerschaft 10 bis 20 Prozent weniger vom Land. Sonderaufwendungen für schwerstbehinderte Schüler würden nicht mehr extra vergütet, beklagten Teilnehmer einer Kundgebung vor dem Landtag. „Wer die Förderung talentierter Sportler ins Schulgesetz schreibt, schwerst Mehrfachbehinderte aber gar nicht benennt, hat ein Problem“, sagte Diakonie-Landespastor Martin Scriba. Der evangelische Wohlfahrtsverband prüft nach eigenen Angaben nun Klagen gegen die neue Kostenverordnung und das Schulgesetz.
Auf Transparenten und in Sprechchören forderten die Kundgebungsteilnehmer eine Überarbeitung des Schulgesetzes.
Sonderaufwendungen müssten weiter vergütet werden. „Sparen Ja. Aber nicht bei den Schwächsten!“ oder „Ich habe auch ein Recht auf Bildung“ war auf Plakaten zu lesen. Bildungsminister Henry Tesch (CDU) stellte sich der Diskussion mit den Demonstranten. Mit dem neuen Schulgesetz solle Gleichheit zwischen den 10 privaten und den 22 staatlichen Förderschulen erreicht werden, hieß es aus dem Ministerium.
Dessen Angaben zufolge erhielten Schulen in freier Trägerschaft im Vorjahr mit 19 000 Euro je Schüler 2200 Euro mehr als staatliche Schulen. Laut Scriba wurde diesen Schulen in den Zuwendungsbescheiden aber mitgeteilt, dass 20 000 Euro je Schüler den Aufwendungen an den staatlichen Schulen entsprochen habe. Wenn die Schülerkostensätze nun mit knapp 17 000 Euro beziffert würden, lasse das nur Rückschlüsse auf abgesenkte Standards zu.
Nach Angaben von Eike Lüders, Leiterin der Weinbergschule in Schwerin, brauchen mehrfach schwerstbehinderte Schüler meist Einzelbetreuung. „Egal, ob an einer staatlichen Schule oder an einer in freier Trägerschaft: Dafür reicht der Durchschnittssatz nicht. Der Passus für Mehrfachbehinderte muss wieder ins Gesetz“, forderte Lüders.An den 22 staatlichen Sonderschulen im Land lernen den Angaben zufolge rund 1300 Schüler, an den zehn freien etwa 650. Etwa jedes sechste dieser Kinder leidet an einer Mehrfachbehinderung und bedarf daher besonderer Fürsorge.
Die FDP-Landtagsfraktion scheiterte im Landtag mit einem Dringlichkeitsantrag zu dem Thema. „Zu meinem Entsetzen sind die Regierungsfraktionen im Landtag aktuell nicht in der Lage über ihre massiven Kürzungen bei der Bildung von schwerst mehrfachbehinderten Kindern zu debattieren“, kritisierte Fraktionschef Michael Roolf. Die Weigerung komme einem Offenbarungseid gleich, betroffene Eltern und Schüler blieben weiter sich selbst und ihren Problemen überlassen.
Am Morgen hatte der Flüchtlingsrat Mecklenburg-Vorpommerns mit einer Protestaktion direkt vor dem Landtag die Unterbringung von Asylbewerbern in Lagern kritisiert. Mitglieder des Vereins verteilten Eierkartons mit der Aufschrift „Lagerhaltung für Asylsuchende“ und eingeklebten Holzfiguren. „Mit Diskriminierung macht man keinen Staat“, hieß es. Die Zwangsunterbringung in Lagern sei nicht menschenwürdig.
In Mecklenburg-Vorpommern gibt es in Nostorf/Horst bei Boizenburg (Kreis Ludwigslust) eine zentrale, gemeinsam mit Hamburg betriebene Aufnahmestelle für Asylbewerber, in der derzeit rund 300 Flüchtlinge leben. Nach den Aufnahmeverfahren werden sie laut Innenministerium aber auf die Landkreise verteilt, wo sie meist in Gemeinschaftsunterkünften leben. Der Flüchtlingsrat veranstaltet am 1. Oktober eine Diskussion zu dem Thema, an der auch ein Vertreter des Innenministeriums teilnehmen will.
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