09.03.2010 06:46 (Kommentare: 0)
Schweriner Volkszeitung | MECKLENBURG-VORPOMMERN | 09. März 2010 | von Max-Stefan Koslik
SCHWERIN - Kirchenschelte für Bildungsminister Henry Tesch (CDU): Die im neuen Schulgesetz sanktionierte freie Schulwahl "droht durch die Beförderungskostenregelung im gleichen Gesetz wieder zu verschwinden". Das ist der Vorwurf, den evangelische Schulträger der Pommerschen Evangelischen Kirche sowie der Evangelischen Lutherischen Landeskirche Mecklenburg gestern erhoben.
Der Hintergrund: Im neuen Schulgesetz ist ab diesem Schuljahr geregelt, dass es ab der 5. Klasse eine Wahlfreiheit zwischen allgemeinbildenden Schulen gibt. Das gab es zuvor noch nie in MV. Zugleich wird die kostenfreie Schülerbeförderung von der ersten bis zur 12. Klasse garantiert - erstmals also auch für die Gymnasialschüler. Dafür sind die Landkreise verantwortlich. Allerdings, und das ist die Kritik, ist der Schülerverkehr nur zur "örtlich zuständigen Schule" kostenfrei - und kann lediglich bis zu dieser von anderen Schülern, die eine freie Schule oder andere öffentliche Schule besuchen, mitgenutzt werden. Finanzielle Erstattungen für den Schulweg zur alternativen Schule gibt es nicht mehr.
"Das ist eine Wahlfreiheit auf dem Papier", kritisierte denn auch Matthias Bartels vom Konsistorium der Pommerschen Kirche. Eltern, die Alternativen zur staatlich zugewiesenen Schule wählten, müssten künftig die Schülerbeförderung nicht nur bezahlen, sondern auch organisieren. Das komme einer "sozialen Diskriminierung" gleich, da oft auch sozial schwache Elternhäuser Angebote freier Träger nutzten. Bartels befürchtet zudem, dass damit die Schulen zur individuellen Lebensbewältigung zur Disposition ständen. Obwohl das neue Schulgesetz pädagogisch einen Quantensprung bedeute, sei dessen Umsetzung unmöglich. Zudem würden freie Schulen schlechter gestellt.
Oberkirchenrat Jürgen Danielowski spekulierte zudem, "ob der Staat an der Entwicklung freier Schulen überhaupt noch interessiert sei, oder ob es nur noch um staatliche Schulen geht." Die Kirchen fordern in einem Positionspapier: "Prinzipiell muss das Recht auf Schülerbeförderung und Kostenübernahme bzw. Kostenerstattung für alle Schüler in gleichem Umfang gelten. "
Ähnliche Kritik erhob auch schon die FDP-Opposition, die ihre Position morgen im Landtag thematisieren will. Fraktionschef Michael Roolf: "Nicht die Buslinie darf über die Schulwahl entscheiden, sondern die Eltern."
Bildungsstaatssekretär Udo Michallik (CDU) zeigt sich verwundert: Vor Jahresfrist hätten ausführliche Anhörungen zum neuen Schulgesetz auch unter Beteiligung der Kirchen stattgefunden. Er verstehe nicht, wieso jetzt diese Debatte eröffnet werde. Der CDU-Politiker verweist darauf, dass es bislang eher als Hindernis für die Bildungsbeteiligung galt, wenn Abiturienten auf dem Lande die Kosten für die Schülerbeförderung tragen mussten. Michallik: "Jeder Schüler ist grundsätzlich bis zum Ende der 12. Klasse befreit von den Beförderungskosten. Das gab es in diesem Bundesland noch nie. Insbesondere für den ländlichen Raum ist dies ein Fortschritt für gleichberechtigte Bildungschancen."
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