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FTD: Viele Gründer von Privatschulen scheitern schon beim Antrag

03.10.2009 06:46 (Kommentare: 0)

finanztreff.de  |  3. Oktober 2009  |  von Marion Schmidt

Jede Woche wird in Deutschland eine neue Privatschule ins Leben gerufen. Doch etliche nehmen nicht den Betrieb auf, weil die Behörden sie nicht genehmigen - mangels pädagogischen Konzepts oder fragwürdiger Finanzierung.

Ein Bürogebäude im Hamburger Stadtteil Groß Borstel. An der Tür kein Schild, nur ein orangefarbener Zettel "Moderne Schule Hamburg". Drinnen große, kahle Räume, die Wände weiß, der Fußboden grau, auf dem Boden stapeln sich Schulbücher Wo früher eine Firma Getreideprodukte verkauft hat, wollte zu diesem Schuljahr eine bundesweit wohl einmalige Schule eröffnen. Auf dem Lehrplan der Erstklässler sollten gleich drei Sprachen stehen: Deutsch, Englisch und Chinesisch. Dazu ganzjährige und ganztägige Betreuung. Ein Drittel der angemeldeten Schüler sind Kinder von berufstätigen Alleinerziehenden, die ein solches Angebot sonst in der ganzen Stadt nicht finden.

Doch die Hamburger Schulbehörde hat Gründer Axel Beyer die Genehmigung verweigert. Sie bemängelt das pädagogische Konzept, die chinesische Sprache könnte die Kinder überfordern, außerdem seien die Abschlüsse der fremdsprachigen Lehrer nicht anerkannt, heißt es in dem Ablehnungsbescheid, aus dem Beyer zitiert. Beyer, selbst ausgebildeter Gymnasiallehrer, hat bereits 400.000 Euro in die Schule gesteckt.

Ein Teil der Anschubfinanzierung stammt von der Unternehmerin Angela Boltze, dazu hat Beyer einen Kredit aufgenommen, um Miete und Gehälter der Lehrer zu zahlen. Die Lehrer hat er jetzt erst mal wieder entlassen, die Order der Schulmöbel abgeblasen, und auch von der Schulkleidung liegt nur die Musterkollektion herum.

Beyer sitzt an einem Biertisch und schüttelt den Kopf: "Wir haben hier tausend Quadratmeter angemietet, und dann heißt es, das sei zu wenig, ein Musikraum fehlt." Zwei Jahre zieht sich das Genehmigungsverfahren bereits hin. Jetzt wird ein Gericht entscheiden, ob die kahlen Räume bald von Schülern belebt werden. Die Schulbehörde will sich mit Verweis auf das laufende Verfahren nicht näher äußern.

Nicht nur in Hamburg, auch in anderen Bundesländern bekommen Gründer von Privatschulen mittlerweile von Behörden kräftig Gegenwind: Verfahren werden verschleppt, finanzielle Bestimmungen verschärft. "Die Bedingungen verschlechtern sich", sagt Barb Neumann, stellvertretende Bundesvorsitzende des Verbandes der Privatschulen (VDP), "es wird insgesamt schwieriger, eine freie Schule zu gründen." 

Ihr Kollege Christian Schneider beim VDP-Landesverband Nord bekräftigt: "Die Anforderungen werden hochgeschraubt, es wird den Trägern richtig schwer gemacht. Da wird so lange am Konzept herumgemäkelt, bis der Träger mürbe ist und seinen Antrag zurückzieht". Es komme vor, so Neumann, dass immer wieder neue Unterlagen angefordert werden oder in laufenden Verfahren die Bedingungen geändert werden, "mit teilweise absurden Nachforderungen". 

Teil 2: Von Behördenwillkür ist die Rede 

Das hat auch Axel Beyer erlebt: Erst habe die Behörde das Fach Chinesisch als Überforderung bemängelt, als Beyer darauf verzichten wollte, hieß es, dann sei das pädagogische Konzept ja nicht mehr besonders. In einem offenen Brief an Hamburgs Bürgermeister Ole von Beust (CDU) kritisieren Eltern, die ihre Kinder gern zur MSH schicken würden, die "fadenscheinigen Begründungen und taktischen Winkelzüge", mit denen die Schulbehörde versuche, die MSH zu verhindern. 

Zwar wird nach Angaben des VDP statistisch gesehen jede Woche eine neue Privatschule eröffnet, aber viel mehr scheitern schon im Vorfeld an der Lehrerlaubnis. In Mecklenburg-Vorpommern etwa wurden im vergangenen Jahr von 22 Anträgen nur 3 genehmigt. In Hamburg wurde zu diesem Schuljahr kein einziger von drei Anträgen positiv beschieden. 
Nicht immer ist ein negativer Bescheid Behördenwillkür - es gibt gute Gründe, eine Privatschule nicht zu genehmigen. Manche Träger kommen mit recht abstrusen Konzepten oder wackliger Finanzierung. "Wir schauen da schon sehr genau hin", sagt eine Sprecherin der Hamburger Schulbehörde, "schließlich geht es dabei auch um den Schutz von Kindern." 

Darüber hinaus sieht der Staat die wachsende Nachfrage von Eltern nach Privatunterricht zunehmend als Bedrohung für das öffentliche Schulsystem. Eine aktuelle Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) zeigt, dass sich gerade die bildungsbürgerlichen Schichten aus dem staatlichen System verabschieden. Derzeit besuchen bundesweit über 700.000 Schüler eine private Einrichtung. Vor allem an den Grundschulen hat sich in den vergangenen zehn Jahren die Zahl verdoppelt. Die Nachfrage ist groß und steigt weiter. Bei einer Forsa-Umfrage sagten kürzlich 54 Prozent der befragten Eltern, sie würden ihr Kind am liebsten auf eine Privatschule schicken, wenn sie es sich leisten könnten.

Und, wenn es genügend Angebote gäbe. Die Ratingagentur Standard & Poor's hat gerade den deutschen Privatschulmarkt analysiert und sieht hierzulande noch deutliches Marktpotenzial - wenn der Staat mitspielt. Das sieht derzeit nicht so aus. Vor allem in den Großstädten sperren sich Behörden gegen Privatschulen, sie befürchten, dass über Bildung die Gesellschaft gespalten wird - und sie Einfluss auf Schulen verlieren. In Berlin-Kreuzberg beispielsweise versucht eine Elterninitiative gemeinsam mit der evangelischen Kirche seit vier Jahren, eine freie Schule zu gründen, und wird vom Bezirk ausgebremst. 

Teil 3: 

Auch die Privatschulkette Phorms, erster deutscher Bildungsanbieter in Form einer Aktiengesellschaft, musste zuletzt herbe Rückschläge in der Expansionsstrategie hinnehmen. Phorms betreibt in sechs Städten insgesamt acht Schulen mit fast 1700 Schülern, darunter auch zwei Gymnasien. In Hamburg war die Grundschule im ersten Anlauf ebenfalls nicht genehmigt worden. Auch der zu diesem Schuljahr gestellte Antrag, die Schule um die Klassen fünf und sechs zu erweitern, wurde abgelehnt. 

Die Bezirksregierung Köln hat zudem das gerade erst eröffnete Phorms-Gymnasium im Stadtteil Braunsfeld wieder geschlossen. "Es gibt Zweifel an der Eignung der Lehrer und an der Finanzierung der Schule", sagt eine Behördensprecherin. 

Außerdem hegt die Behörde den Verdacht, dass die Kinder nach dem Einkommen ihrer Eltern ausgewählt wurden und so die soziale Mischung nicht gewährleistet sei. Das Kölner Gymnasium wurde zu 90 Prozent öffentlich bezuschusst, der Rest sollte über einen Förderverein finanziert werden. 

"Der Föderalismus in der Bildung bleibt für uns eine Herausforderung", sagt Bea Beste, Vorstandsvorsitzende von Phorms, "denn die Schulgesetze werden lokal unterschiedlich ausgelegt. Wir prüfen derzeit, wie wir strategisch weiter vorgehen wollen, auch im Hinblick auf die Genehmigungsprozesse." In Köln und Hamburg wird es im nächsten Jahr neue Anläufe geben. 

Auch Axel Beyer von der MSH lässt sich nicht kleinkriegen. "Wir gehen durch alle Instanzen, bis wir unsere Wunschschule haben." 

Autor/Autoren: Marion Schmidt (Hamburg) 

(c) FTD

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