02.02.2010 06:46 (Kommentare: 0)
OSTSEE-ZEITUNG | 2. Februar 2010 | Mantel | von ANDREAS MEYER
Schwerin/Rügen (OZ) - Gegenwind für Bildungsminister Henry Tesch (CDU): Elternbeiräte im ganz MV laufen Sturm gegen das neue Schulgesetz. Vor allem für die Regelungen zur Schülerbeförderung hagelt es heftige Kritik. Aus Sicht der Eltern werden durch die neuen Vorgaben sowohl Privatschulen als auch Kinder aus sozialschwachen Familien benachteiligt. Nun droht dem Ministerium eine Klagewelle.
Wenn das Gesetz zum Beginn des neuen Schuljahres in Kraft tritt, dürfen die Eltern im Land erstmals völlig frei eine Schule für ihr Kind aussuchen. Doch mit der sogenannten Wahlfreiheit wird es in der Praxis nicht allzu weit her sein: Schwerin hat die Kreise verpflichtet, für alle weiterführenden, staatlichen Schulen Zuständigkeitsbereiche festzulegen. Im Gesetz ist von „örtlich zuständigen Schulen" die Rede - und nur zu denen dürfen die Schüler kostenlos fahren. Wer eine andere Schule wählt, bekommt kein Fahrtgeld mehr von den Landkreisen. „Die Wahlfreiheit gilt also nur für Eltern, die es sich leisten können", wettert Uta Metzner aus Brünzow (Ostvorpommern), Frontfrau der „Schulbewegung MV - Bildung ist Zukunft".
Auch der Landeselternrat protestiert: „Wenn die selbst gewählte Schule - sei es eine private oder eine staatliche - auf dem Weg zur örtlich zuständigen Schule liegt, dann dürfen die Kinder kostenlos mitfahren. Aber nur dann. So ganz frei ist die Schulwahl also nicht", so der Vorsitzende Holger Kohlhause aus Heringsdorf auf Usedom. Rügens Landrätin Kerstin Kassner (Die Linke) hält die Regelung für „sozial ungerecht". „Es kann nicht sein, dass die Wahlfreiheit vom Geldbeutel der Eltern abhängt." Das habe nichts mit Chancengleichheit zu tun.
Dem widerspricht Johanna Hermann, Sprecherin von Bildungsminister Henry Tesch: Von geringeren Bildungschancen für Schüler, deren Eltern sich die Fahrt zu einer Schule nach Wahl nicht leisten können, könne keine Rede sein. Schließlich gelten für alle Schulen dieselben Bildungsstandards - auch für die privaten.
Gerade die freien Schulen fühlen sich aber durch die Regelungen benachteiligt: Weil Privatschulen niemals „örtlich zuständige Schule" sein dürfen, müssen die Eltern die Fahrten alleine zahlen. Das war bisher anders. Freie Schulen in ländlichen Gegenden fürchten nun um ihre Existenz - etwa die Freie Schule Rügen in Dreschvitz. „Die neuen Regelungen bringen zusätzliche finanzielle Belastungen für die Eltern mit sich. Das wird dazu führen, dass einige ihre Kinder nicht mehr zu uns schicken können", so Antje Jelen vom Elternrat. „Schulen in privater Trägerschaft werden gegenüber staatlichen Schulen benachteiligt", heißt es in einem Schreiben an den Kreis.
Dasselbe Problem im Ostseebad Rerik: Dort ist die freie Schule die einzig weiterführende. „Noch bekommen unsere Schüler Buskarten vom Landkreis", so Geschäftsführerin Claudia Bäumler. Wenn das bald nicht mehr so sein sollte, könnten sich viele Eltern gegen die freie Schule entscheiden. „Die Regelung des Landes ist grenzwertig. Staatliche und freie Schulen müssen laut Grundgesetz gleich behandelt werden. Das ist nicht mehr der Fall."
Einen Kommentar schreiben