16.09.2009 06:46 (Kommentare: 0)
OSTSEEZEITUNG | Mittwoch, 16. September 2009 | Von REINHARD ZWEIGLER
Junge Unternehmer warnen: Wenn jetzt nicht die Weichen gestellt würden, drohe in zehn Jahren eine Ellenbogengesellschaft und Bildung werde zum Luxusgut.
Berlin (OZ) Prognosen sind schwierig, besonders wenn sie die Zukunft betreffen, soll der große britische Staatsmann Winston Churchill gesagt haben. Deutschlands Wirtschaftsjunioren - eine Vereinigung von 10 000 Jung-Unternehmern unter 40 Jahren, die für immerhin 300 000 Jobs und 120 Milliarden Euro Umsatz geradestehen -hat diese Warnung nicht davon abgehalten, mögliche Zukunftsszenarien für Deutschland im Jahre 2020 zu erstellen. Und das, was gestern der 38-jährige Verbandschef Stefan Kirschsieper - Chef der Wuppertaler Walter Kottmann GmbH, die mit 43 Mitarbeitern Werkzeuge herstellt nach einer Studie der Unity AG als wahrscheinlichste Zukunftsvariante vorstellte, passt so gar nicht in die schöne bunte Welt der Wahlversprechen der Parteien anno 2009.
Deutschland drohe im Jahr 2020 "zu einer Ellenbogengesellschaft zu werden, in der jeder auf seinen eigenen Vorteil aus ist und Bildung zum Luxusgut geworden ist". Einkommensopportunisten dominierten die Gesellschaft, weite Teile der Bildungspolitik seien dem Rotstift zum Opfer gefallen und die "Energiewende" sei ausgeblieben.
Nun platzen die Wirtschaftsjunioren mit ihrem düsteren Zukunftsausblick nicht mitten in die heiße Phase des Wahlkampfes, weil sie ins Schwarzmalen verliebt sind, sondern weil nun die "Weichen gestellt werden mussen, um diesem Negativtrend in Deutschland Einhalt" zu gebieten. Kirschsieper und Co. formulierten ihre Ansprüche an die neue Bundesregierung. Zugleich aber wollen sie als "verantwortungsvolle Unternehmer" selbst ihr Scherflein dazu beitragen, dass das durchaus mögliche Horrorszenario nicht Wirklichkeit wird. Drehund Angelpunkt der Zukunftsforderungen der Jung-Unternehmer ist die Bildung. Angesichts schwacher Pisa-Werte, der viel zu großen Zahl von Schulabgängern ohne Abschluss sowie einer viel zu geringen Praxisorientierung des Schulsystems machen die Unternehmer ihren Forderungskatalog auf: Die Bundesregierung müsse die "Richtlinienkompetenz" in Sachen Bildung bekommen. Die erst vor kurzem mit der Föderalismusreform festgezurrte Bildungshoheit der Länder lehnen die Unternehmer als hemmend ab. Ferner sollen Schulen viel enger mit der Wirtschaft vernetzt werden und Berufsorientierung zu ihrer "zentralen Aufgabe" machen. Ebenso sollen der Leistungs-Wettbewerb zwischen den Schulen sowie zentrale Prüfungen eingeführt werden. Die Ganztagsschule sowie ein ',Pflichtvorschuljahr" für alle Kinder gehören dazu. Aber nicht nur der Staat, sondern auch die Unternehmen müssten wesentlich mehr in Bildung investieren, etwa in eine exzellente Hochschul- und Forschungsinfrastruktur.
Auf der anderen Seite brauche das Land mehr Förderung von ',ökologisch und ökonomisch nachhaltigen Technologien". Unternehmer wie Kirschsieper, der ein seit 1834 bestehendes Familienunternehmen führt, wollen auch in 20, 30 Jahren mit innovativen Produkten Geld verdienen, Jobs erhalten und vor allem in einem Land leben, in dem soziale Balance herrscht.
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