19.11.2008 07:50 (Kommentare: 0)
OSTSEE-ZEITUNG.DE | Mittwoch, 19. November 2008 | Mecklenburg-Vorpommern
Berlin/Schwerin (OZ) Schüler aus MV haben im internationalen PISA-Test gewaltig aufgeholt. Verglichen mit den ersten beiden Untersuchungen der Kompetenzen von 15-Jährigen aus den Jahren 2000 und 2003 machte der Nordosten in der gestern in Berlin vorgestellten Studie zum Jahr 2006 mit den größten Sprung nach vorn. In Mathematik verbesserte sich MV vom neunten auf den fünften Rang im nationalen Vergleich. Besser waren nur noch der Spitzenreiter Sachsen, der Bayern entthronte, sowie Baden-Württemberg und Thüringen. In den Naturwissenschaften sprang MV vom neunten auf den siebten Rang. In der Lesekompetenz hat sich der Nordosten nur leicht verbessert, 480 statt 473 Punkte im Jahr 2003. In der Länderwertung rutschte MV damit vom 10. auf den 14. Platz ab. Bildungsminister Henry Tesch (CDU) freute sich über die Verbesserungen. An einer besseren Lesekompetenz müsse aber noch intensiv gearbeitet werden. Ab dem nächsten Schuljahr sollen alle Grundschulen zusätzliche Stunden für das Lesen bekommen. Außerdem werde die „selbständige Schule“, wie sie mit dem neuen Schulgesetz ab 2009 eingeführt werden solle, viel Potenzial für eine Verbesserung der Lernleistungen freisetzen, meinte Tesch.
Bei der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW), bei Landeselternrat, aber auch der Opposition im Schweriner Landtag stößt der CDU-Minister dagegen auf heftige Kritik. Auch die SPD geht vorsichtig auf Distanz. GEW-Chefin Annett Lindner sieht etwa angesichts der dramatischen Lesekompetenz „überhaupt keinen Grund für Jubel-Arien“. Es bleibe viel zu tun, befindet auch die Elternratsvorsitzende Anja Ziegen. Gegenüber Finnland liege Deutschland rund ein Schuljahr zurück.
Die GEW-Chefin verlangt vom Bildungsminister „kein Durchpeitschen“ des neuen Schulgesetzes, das nach bisherigen Plänen bereits im Dezember verabschiedet werden solle. Auch der bildungspolitische Sprecher der Links-Fraktion Andreas Bluhm hält es für „unverantwortlich“, wenn die geplante Gesetzesnovelle „im Hauruck-Verfahren“ beschlossen würde. SPD-Bildungsexperte Mathias Brodkorb sieht Änderungen für erforderlich an. Viele Details wären ungeklärt.
Einer der Knackpunkte ist die
künftige schülerbezogene Mittelzuweisung, statt der bisherigen
klassenbezogenen. Annett Lindner befürchtet, dass damit Schulen
schlechter gestellt werden könnten. Die Reform dürfe nicht zum reinen
„Sparmodell“ verkommen, warnte sie. Bereits in den vergangenen Jahren
sei auf Kosten von Lehrern und Schülern gespart worden. Die GEW-Chefin
appellierte an den Ministerpräsidenten Erwin Sellering, seinem
Bekenntnis zu mehr Bildung in MV Taten folgen zu lassen. An der
PISA-Studie waren rund 2500 Schüler aus 69 Schulen des Landes
beteiligt.
REINHARD ZWEIGLER
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