09.10.2008 10:45 (Kommentare: 0)
OSTSEE-ZEITUNG.DE | Donnerstag, 09. Oktober 2008 | Aus der Nachbarschaft
Mindestens sechs Millionen Euro weniger sollen Schulen in freier Trägerschaft im Land künftig erhalten. Jetzt regt sich Protest.
Greifswald Benjamin Skladny hat die Auswirkungen der von Bildungsminister Tesch angekündigten Mittelkürzungen für das Evangelische Schulzentrum in Greifswald längst ausgerechnet. „Nach dem jetzigen Kenntnisstand und bezogen auf das aktuelle Haushaltsjahr würden wir 382 000 Euro weniger vom Land erhalten“, berichtet der Schulleiter. Doch egal, ob die Zuschüsse nun etwas höher oder geringer ausfallen – unter diesen Prämissen sei das neue Schulgesetz unakzeptabel. „Im Grundschulbereich müssten wir das Schulgeld, das jetzt bei 75 Euro liegt, anheben, die Klassenfrequenz erhöhen, eventuell mit weniger Lehrern auskommen“, denkt Skladny und sträubt sich innerlich dagegen.
Die Aktion der Arbeitsgemeinschaft Freier Schulen (AGFS) in M-V kann er deshalb nur begrüßen. 18 000 Postkarten wollen Eltern in den nächsten Wochen an Landtagsabgeordnete schicken, um ihren Unmut über das neue Gesetz kundzutun. Mehr noch. „Es geht nicht schlechthin um mehr Geld für freie Schulen, sondern um Bildung insgesamt. Ziel muss sein, etwas für unsere Kinder in diesem Land zu bewirken“, betont Nils Kleemann, Schulleiter der Montessorischule in Greifswald. Deren Träger, die Aktion Sonnenschein, übernimmt deshalb auch erst einmal die Organisation und Druckkosten der Postkartenaktion. Die sorgte schon für reichlich Wirbel in Greifswald und führte Eltern aller vier freien Schulen zusammen. Erst Dienstagabend trafen sich 70 Montessori-Eltern aller Jahrgänge, um Ziele zu definieren und weitere Aktionen zu planen. Tenor aller Äußerungen ist auch auf der Postkarte zu lesen: „Gute Bildungschancen für unsere Kinder in Mecklenburg-Vorpommern!“ sowie: „Es gibt nur eine Sache auf der Welt, die teurer ist als Bildung: Keine Bildung!“ – Zitat von John. F. Kennedy.
Eine Aussage, die Dr. Barb Neumann nur unterstreichen kann, weshalb die Geschäftsführerin der Berufsfachschule Greifswald als Träger des Ostseegymnasiums mit angeschlossener Grundschule plant, eine Gesamtelternratsversammlung einzuberufen. Die geplanten Kürzungen würden auch in ihrem Hause unweigerlich zur Erhöhung des Schulgeldes führen, „das seit unserem Start 2001 gleichbleibend bei etwa 150 Euro liegt“, so Dr. Neumann. Als Vizepräsidentin des Bundesverbandes Deutscher Privatschulen werde sie sich deshalb ohne Frage dafür einsetzen, dass die Schulgesetznovelle weiter diskutiert werde. Das hofft auch Rene Walter, in der Freien Waldorfschule für die Öffentlichkeitsarbeit zuständig: „Wir begrüßen durchaus einige Punkte im neuen Gesetz, etwa das Vereinfachen der Verwaltung“, so Walter, doch die Mittelkürzung sei nicht hinnehmbar. Die Eltern der etwa 70 freien Schulen im Land müssten deshalb für das Thema sensibilisiert werden. „Schließlich ist es bei weitem nicht so, dass bei uns nur die Kinder Reicher lernen“, fügt Benjamin Skladny vom Evangelischen Schulzentrum hinzu und ist da einer Meinung mit Walter. Von reichen Eliteschulen sei man hier im Land weit entfernt. "Nicht selten zahlen Oma und Opa das Schulgeld unserer Kinder", weiß Skladny und hofft deshalb auf eine breite Resonanz in der Elternschaft.
Wie Montessori-Schulleiter Nils Kleemann, der seit Tagen e-mails ins ganze Land verschickt, Kontakt zu vielen Schulen bzw. Eltern hält, Aktionen mitorganisiert. Eine soll am 20. November auch im Greifswalder Dom stattfinden. Ein Treffen dazu gibt es am 13. Oktober.
PETRA HASE
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