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Inklusion Schritt für Schritt

21.06.2010 10:49 (Kommentare: 0)

Quelle: Süddeutsche Zeitung Nr.139, Seite 16
Montag, den 21. Juni 2010

Die UN-Behindertenkonvention, 2009 von Deutschland unterzeichnet, verlangt ein inklusives Schulsystem - eine 'Schule für alle', in der behinderte undgesunde Kinder gemeinsam, aber nach ihren individuellen Bedürfnissenunterrichtet werden. Doch laut Statistik sind bundesweit nicht einmal ein Fünftel der behinderten Schüler in allgemeinen Schulen integriert.

Die Konferenz der Kultusminister (KMK) hat im April ein - insgesamt wenig konkretes - Diskussionspapier erstellt, das an diesem Montag Basis für eine KMK-Fachtagung in Bremen sein wird. Die Gastgeberin, Bremens Bildungssenatorin Renate Jürgens-Pieper (SPD), war zuletzt Impulsgeberin fürdas Thema in der KMK, der Stadtstaat kann den Kollegen auch als Vorbilddienen. 

Interview:

Johann Osel SZ: Seit der UN-Konvention 2009 scheint sich nicht viel getan zu haben. 

Jürgens-Pieper: Genau das ist der Punkt, der mich in der KMK antreibt. Wir müssen uns über die Umsetzung verständigen. In Bremen haben wir das Recht auf eine allgemeine Schule gesetzlich verankert, bis 2017 soll die Entwicklung abgeschlossen sein, Schritt für Schritt. Denn das Tempo, mit dem Inklusion umgesetzt wird, ist nach wie vor eine Streitfrage. Wenn es zuschnell geht, riskiert man Akzeptanzprobleme. 

SZ: Und gab es diese in Bremen? 

Jürgens-Pieper: Wir hatten viel Zustimmung, einen breiten Konsens über alle Fraktionen hinweg, auch mit Elternvertretern - das war erstaunlich. Aber ja,es gab auch Bedenken, etwa von Eltern nicht-behinderter Kinder. Da spielt die Leistungsorientierung eine Rolle, die unbegründete Furcht, dass das Kind in der gemeinsamen Klasse zu kurz kommt oder die Qualität des Unterrichts sinkt. 

SZ: Bietet denn gemeinsames Lernen auch den gesunden Kindern Vorteile? 

Jürgens-Pieper: Die sozialen Vorteile, das Eingehen auf und der Umgang mitBehinderten, liegen ja auf der Hand. Aber auch von den Veränderungen imUnterricht werden alle profitieren, wenn etwa Materialien sorgfältigerausgewählt werden, wenn zwei Lehrer in der Klasse sind. Und wenn diePädagogen es verstehen, auf unterschiedliche Lerngeschwindigkeiteneinzugehen, ist das auch hilfreich für die Stärkeren in der Klasse, fürHochbegabte zum Beispiel. 

SZ: Wie kommt es zu den Länderunterschieden? Sind die vorhandenen Strukturen der Grund oder der politische Wille? 

Jürgens-Pieper: Beides. In den meisten Schulgesetzen ist der Beschluss zur Inklusion bekundet, aber das Elternwahlrecht trotzdem enorm eingeschränkt.Oder der Passus ist an die personelle und räumliche Ausstattung gekoppelt. Das muss in der KMK diskutiert werden. 

SZ: Eben die nötigen Veränderungen kosten viel Geld. Ist das in Zeiten klammer Kassen überhaupt möglich? 

Jürgens-Pieper: Unsere Zeitleiste in Bremen liegt im Jahr 2017, doch das hängt auch davon ab, dass die geplanten Ressourcen weiter zur Verfügung stehen. Da sollte man den Leuten nichts vormachen: Inklusion geht nur mit vernünftiger Ausstattung, mit barrierefreien Gebäuden, mit entsprechenden Lehrmitteln und guten Lehrern und Assistenten. 

SZ: Ein Argument für die Gegner? 

Jürgens-Pieper: Sicherlich kann man die Ausstattungsanforderungen theoretisch so hoch schrauben, dass man gleich das ganze Projekt fallenlassen müsste. 

SZ: Was passiert dann bis 2017 in Bremen mit den Förderschulen? 

Jürgens-Pieper: Bis dahin sollen die Förderlehrer in allgemeinen Schulen in Teams integriert, ihre Kompetenzen dort verankert sein. Einschulung in Sonderschulen gibt es dann nicht mehr. Drei Einrichtungen, für Seh-, Hör-sowie Mehrfachbehinderte, werden wir erhalten - für Eltern, die ihre Kinder nicht in Regelschulen gehen lassen wollen. Das freie Wahlrecht der Eltern zählt letztlich. 

SZ: Derzeit klagen Eltern behinderter Kinder oft, dass sie bei denSchulbehörden um die Regelschule betteln müssten. 

Jürgens-Pieper: Wer ein behindertes Kind hat, erfährt von Behörden oft teils unwürdige Behandlung. Durch die UN-Konvention und Ländergesetze ist vieles vage definiert. Wenn wir das nicht klar regeln, wird es weiter Gerichtsprozesse dazu geben. Daher wird die juristische Bewertung in der KMK eine der spannendsten Fragen werden. 

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